Beckett Initiative

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von Thalia Kedež

Spricht einer in den Raum. Und der Raum entsteht erst in diesem Sprechen. Eine Stimme, von außen, die sich einschließt in dem, was sie selbst hervorbringen wird. Aneinander gereihte Laute, die im Zwischenraum ihres Verklingens auf das einzigartige Ereignis dieses Sprechens weisen. Im Grunde sind es Andeutungen, Hauche, soufflierte Seelen, die den Raum des Sprechens – und worin sonst? – bevölkern. Eine Apologie des Unkörperlichen. Gleichwohl scheint es dort Körper zu geben, das heißt zwar verschiedene Körper, aber vor allem ereignet sich Körper. Mitsamt seinen Gebrechen funktioniert er mehr oder weniger gut, mehr oder weniger schlecht. Die notdürftig zusammengezimmerten Körper verwirklichen stets von neuem, in ihren lahmhufigen Parcours, die Notwendigkeit, die vorgegebene Organisation, die Anordnung der Glieder zu hintergehen. Das Hinken stottert, ebenso wie das zahnlose Sprechen nicht mehr hinterher kommt. Wiederholt die kratzige Stimme unablässig die Möglichkeiten ihres eigenen Sprechens – worauf richtet sie sich? –, so kriecht der Körper, in dessen Innerem jenes Sprechen keinen Widerhall findet, über einen spiegelglatten Boden, auf dem die letzten Erinnerungen im dunklen Grau der ausgelöschten Geschichte verblassen.
Der Mund öffnet sich, speichelndes Lächeln, die Zunge bleckt über den letzten Zahn, und Liebe wird im rheumatischen a tergo entfaltet. Hier finden zwei zusammen, man weiß nicht genau, in welcher Weise, jedoch hat für kurze Zeit die Stimme die Welt verlassen, um den Raum, in dem eine Begegnung statt haben kann, freizugeben. Gleichwohl es nicht wirklich in ihrer Macht steht. Der eine blind, die andere schwerfällig. Andere. Innerhalb der schmalen Orte, der engen Zustände, der unscheinbaren Achtsamkeiten verschieben sich die Formen, auf dieser Welt zu sein. Grotesk und ein apokalyptisches Bild unserer Zeit für die einen, die nichts verstehen, für die anderen jedoch die Möglichkeit, sich ihrer Körper zu entledigen, einzig um im Beieinander einen anderen Körper zu bilden, der sich, weil er nicht mehr zu gehen vermag, durchs Gestrüpp schleppt, Dreck in der polierten Fresse – und den Waldrand erreicht, um im Straßengraben die Sonne auf den Rücken scheinen zu lassen. Murmeln, andere. Mehrere Stimmen und verschiedene Weisen, lieber nicht zu gehen. Überhaupt handelt es sich hier um Bewegungen, die auf nahezu natürliche Weise das Menschliche verweigern. Bartlebys Kinder fressen Gras. In allen drückt sich dasselbe aus. Und die Stimme, die sie von Anfang an begleitet, singt dieses stete Ereignis, das sich noch im ausgesetzten Tode hält. Endlich zu enden hieße von nun an: zu beginnen. Eine leise trällernde Stimme weist den Weg, auf dessen zahllosen Wiederholungen sie erst zum Gesang anschwillt. Es sind dies andere Schwellen, und keine Bewegungen mehr auf ein sich endlos entziehendes Loch, auf eine von Geburt an unerreichbare Grenze hin. Das Stottern, wie auch das Humpeln markieren alles entscheidende Schwellen. Man denke bloß an eine Steinlutschmaschine.

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